«Ich bin strikt gegen staatliche Unterstützung für E-Mobile»

Mazda lanciert als erster Hersteller den Diesottomotor und zeigt an der LA-Autoshow den neuen Mazda3. Was die Japaner sonst noch für Pläne haben, verrät Jeffrey H. Guyton, President & CEO Mazda Europe, in Los Angeles im exklusiven SonntagsBlick-Interview.

Herr Guyton, SUVs liegen im Trend. Mazda zeigte in Los Angeles aber ein Kompaktauto. Sie glauben also noch ans Schrägheck- und Limousinensegment?
Jeffrey H. Guyton: Klar, obwohl unsere SUVs CX-3 und CX-5 die Hälfte unserer Verkäufe in Europa ausmachen und es natürlich einen starken SUV-Trend gibt. Bei Volumenmarken gehen Limousinen-Verkäufe zurück, bei Premiummarken bleiben sie aber stabil. Es gibt also durchaus einen Markt für den neuen Mazda3 – nicht zuletzt ausserhalb Europas.

Für den Mazda3 gibts auch den weltweit ersten Serien-Diesottomotor, ein Mix aus Benzin- und Dieseltechnik. Löst dieser Skyactiv-X-Motor die CO2-Problematik für ihre Marke bis 2021?
Mit Verbrauchswerten auf Dieselniveau hilft er uns neben unserem zusätzlich ab 2020 kommenden E-Modell sicher, die strengen CO2-Limiten von 95 g/km bis 2021 zu erreichen. Vor allem das Angebot an Skyactiv-X-Motoren über die ganze Modellpalette wird Wirkung zeigen. Genauso wie die serienmässige Mildhybridisierung unserer künftigen Benziner – inklusive Skyactiv-X.
Mazda und der Elektromotor

Ändert der kommende Elektro-Mazda Ihre bislang ablehnende Haltung für eine staatliche Unterstützung von E-Mobilen?
Nein, ich bin weiterhin strikt dagegen! Für einige Märkte ist es inzwischen notwendig ein E-Mobil anzubieten und in einigen wird es immer wichtiger – auch für uns. In allen Ländern, ausser vielleicht dem Spezialfall Norwegen, gibts aber das Problem, dass die Leute die Stromer nur wegen der Vergünstigungen kaufen. Dabei müssten sie – wie bei unserem Roadster MX-5 – sagen: Ein echt cooles Auto, das will ich haben!

Gibts denn keine coolen E-Autos?
Doch schon, aber nur einige wenige Modelle. Unsere Philosophie ist übrigens nicht gegen den Elektroantrieb allgemein gerichtet, sondern basiert auf dem Well-2-Wheel-Gedanken.

Das müssen Sie erklären?
Wir schauen die ganze Wirkungskette von der Gewinnung und Bereitstellung der Antriebsenergie bis zur Umwandlung in kinetischen Vortrieb an – vom Bohrloch zum Rad. Mazda sucht nach ganzheitlichen, sauberen Lösungen für die Umwelt. Die Stromversorgung ist in den meisten Teilen Europas nicht sauber. Daher sind Stromer noch nicht die richtige Lösung. Und deshalb bin ich gegen staatliche Vergünstigungen.
Die Partnerschaft mit Toyota

Ist es für Mazda Vor- oder Nachteil, ein kleiner Hersteller zu sein?
Ich würde es nicht als Vor- oder Nachteil, sondern als Vor- und Nachteil sehen. Das Entwickeln unserer eigenen Techniken wie Skyactiv-X, Wankelmotor als Range-Extender, Elektro- und Plug-in-Hybridantrieb, aber auch Assistenzsysteme wie Co-Pilot, benötigt enorme Ressourcen.

Vor allem finanzielle …
Nicht nur. Die Entwicklungsarbeit bindet bei einem kleinen Hersteller wie uns viele Leute. Daher muss sie sehr effizient erfolgen. Ich bin zwar voreingenommen, aber unsere Resultate waren und sind gut. Übrigens einer der Gründe, die Toyotas Interesse an einer Zusammenarbeit mit uns weckte. Dabei hat Toyota viel mehr Ingenieure, alles Geld, ja schlicht alles, was man will.

Aber offenbar nicht die richtigen Ideen?
(lacht herzhaft) Das würde ich nie sagen. Aber Toyota hat gemerkt, dass Mazda mit klar weniger Geld und Leuten tolle Sachen macht. Genau unsere bescheidene Grösse hat uns in den Fokus für diese Allianz, die sehr wichtig für unsere Zukunft ist, gebracht. So haben wir Zugang zu wichtigen Technologien und können sie mit einem starken Partner wie Toyota weiterentwickeln.

In Japan gabs den aktuellen Mazda3 auch mit Toyota-Hybridantrieb. Ist beim neuen 3er ein solcher Hybrid auch für Europa geplant?
Vorerst nicht, wir sind noch immer Konkurrenten. Aber die Ideen, über die wir verhandeln, sind unbegrenzt. Wir können Technik von Toyota kaufen – und sie von uns. Es gibt nichts, worüber nicht diskutiert wird, solange es vorteilhaft für beide Partner ist.
Zwei Nischen

Der Wankelmotor feiert bei Mazda als Range-Extender ein Comeback. Gibts auch Pläne für ein reines Wankel-Modell?
Nein. Wir haben den Wankelmotor zwar massiv verbessert. Und wenn man genau weiss, in welchem Umdrehungsbereich er eingesetzt wird, kann man viele Nachteile dieser Technik lösen. Für den Range-Extender-Einsatz ist der kompakte, leichte und sehr kraftvolle Motor daher eine ideale Lösung. Er kann gar als Backup-Generator für die häusliche Stromversorgung eingesetzt werden.

Wenn Sie eine Nische mit einem neuen Modell besetzen könnten, welche wäre das?
Trotz der ganzen CO2-Diskussion gibts in Europa paradoxerweise einen Markt – einen wachsenden sogar! – für grosse SUVs. Das ist zwar pervers, denn unsere Parkplätze und Garagen sind klein. Aber wenn ich sehe, wo Mazda Kunden selbst von teureren Premiummarken erobern kann, hätte ein grosser SUV mit drei Sitzreihen in Europa sicher Potential. Momentan gibts aber keine solchen Pläne.
Neue Strategie für die Schweiz

Wie wichtig ist der Schweizer Markt für Mazda? Schmerzt Sie der aktuelle Absatzrückgang um 20 Prozent?
Natürlich! Wir haben in der Schweiz ein gutes Händlernetz, ein gutes Team beim Importeur und gute Produkte. Aber wir haben uns in den letzten Jahren zu sehr aufs Erreichen der Absatzzahl 10’000 fixiert und alles daran gesetzt, diese magische Marke bei den jährlichen Verkäufen zu knacken. Ein Fehler, den wir nun korrigieren.

Wie?
Um die 10’000 in der Schweiz zu erreichen, machten wir zu viele Flottengeschäfte und Tageseinlösungen. Sachen, die nicht wirklich Mazda-like sind. Natürlich wollen wir in der Schweiz mehr Autos verkaufen, aber nicht um jeden Preis. Und wenn wir mit unseren Produkten die richtigen Leute ansprechen, klappts. Wir sind auf gutem Weg und nicht zuletzt der neue Mazda3 mit 4×4, viel Leistung und tiefem CO2-Ausstoss wird uns 2019 in der Schweiz helfen.

Zur Person
Mazda-Europa-Chef Jeffrey H. Guyton

Jeffrey H. Guyton (51) wuchs in der 200’000-Einwohner-Stadt Akron im Nordosten des US-Bundesstaats Ohio auf und studierte ab 1991 asiatische Kultur und Sprachen. Der Arztsohn fuhr schon früh Auto, weil sein Vater, ein detailversessener Autofan, oft mit dem Stethoskop im Fond oder Kofferraum nach der Ursache eines Quietschens oder Ratterns suchte. Guyton absolvierte einen Master of Business Administration an der Uni Michigan. Nach diversen Jobs innerhalb des Ford-Konzerns wechselte er im September 2000 zu Mazda. Seit März 2009 leitet Guyton als Präsident und CEO die Geschicke von Mazda Motor Europe.

Jeffrey H. Guyton, President & CEO Mazda Europe, in Los Angeles im exklusiven SonntagsBlick-Interview. Hier finden Sie das Original